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Unterernährt, ausgetrocknet, verfilzt, mit Ekzemen überhäuft. Hier war eine totale Wesensveränderung der Besitzerin eingetreten. Da sie auch kein Mitglied im DWZRV mehr war, das Veterinäramt nicht mitzog, konnte nichts unternommen werden. Zum Glück hatten die Afghanen keinen „Knacks“ abbekommen, ihr freundliches, lustiges Wesen haben sie behalten. Alle haben liebevolle neue Besitzer – eine Hündin – topfit – lebt bei mir.

 

Es ist nicht der einzige Fall in den letzten Jahren – es häuft sich – immer wieder erreichen mich – vor allem in der Funktion als Landeszuchtwart – Hilferufe betroffener Züchter und Besitzer.

 

Vasantha el Di-tschu-rahdan, A 16092, Deutscher und VDH Champion, Landessg. Baden-Württbg.

 

Man hilft, wo man kann und wo es geht.

 

Neuzüchter oder Zuchtwillige versuche ich vorzuwarnen, auf ihre Verantwortung hinzuweisen – oft vergeblich. Natürlich ist ein Erlebnis, vom geliebten Haustier einen Wurf aufzuziehen, den Typ, das Wesen zu erhalten aber – man übernimmt Verantwortung für „Leben“.

 

Die erfahrenen Züchter und Insider wissen dies und kennen die Mühe, den Einsatz, den Aufwand, die durchwachten Nächte. Und das Glück und die Freude wenn alles gut geht.

 

Schon immer wunderte ich mich und hatte kein Verständnis für Züchter, die berufstätig sind, stundenlang abwesend und so „nebenher“ einen Wurf nach dem anderen in die Welt setzten.

  

Es kann so viel passieren – man muss immer präsent sein.

 

Heute, in unserer zugebauten Umwelt werden die Grundstücke um die Häuser immer kleiner, die Vorschriften immer strenger und die Gelegenheiten

zum freien Toben immer seltener. Wie oft begegnet man Afghanen, die nur an der Leine ausgeführt werden. Sicher oft sehr lange – oder am Fahrrad. Schon als Junghunde hatte sie keine Möglichkeit, sich täglich austoben zu können. Den Käufern wurde eingeschärft: „nie loslassen, sie folgen nicht“. Wenn der heranwachsende Junghund dies aber von klein auf kennt, kann man mit Geduld erstaunlichen Erfolg erzielen. Vorausgesetzt man wohnt in der richtigen Gegend und fühlt sich nicht überfordert.

  

Genau dies ist eben auch ein Grund sich zu fragen, ob man noch guten Gewissens eine so bewegungs - bedürftige Rasse vermehren sollte.

 

Sicher ist der Wille, alles „richtig“ zu machen da, aber die Hundefeindlichkeit – von den Medien hochgeputscht – um uns herum, die immer weniger „freien“ ungefährlichen Plätze, die

Verkehrsdichte – alles nimmt zu.

  

Wer hat schon die Möglichkeit (oder Lust) – zusätzlich mit viel Zeit – seinem Afghanen dies täglich zu bieten? Der einmal wöchentliche Ausflug zum Rennplatz genügt sicher nicht. Oft betrachte ich sehr nachdenklich meine Meute wie sie toben, raus-rein, durchs ganze Gelände (und Haus) sausen, überall ihre Spuren (Gäste müssen „hundefest“ sein) hinterlassen und gedenke mit Wehmut der Artgenossen, die dies nie genießen können.

  

Mit Bedauern denke ich allerdings auch an die Afghanen, die bei Regen und schlechtem Wetter nicht „ausgehen“ dürfen, das Haar könnte ja nass oder schmutzig werden. Mir sind Fälle benannt worden, wo die Hunde dann auf Zeitungen – bestenfalls noch auf dem Balkon – ihr Notdurft verrichten müssen.

  

Die Pfoten müssen dann für die Ausstellung beschnitten werden, da die Armen sich diese ja nicht mehr ablaufen. Die Unterlinie wird aufgewickelt, am Bauch, seitlich, an den Kniegelenken, damit sie nicht schmutzig, bei Rüden nicht „angepinkelt“ wird und die Haare sich nicht abstoßen. Dabei wäre es manchem Afghanen optisch dienlich – wenn der Bauchbehang nicht erst kurz vor dem Erdboden enden würde. Der Vergleich mit einem Kasten liegt dann nahe – nicht mit einem Windhund. „Unbedarfte“ Zuschauer sind oft total verblüfft.

 

Den „bemützten“ Kopf kann man aus Hygienegründen noch verstehen.

 

Qalibah el Di-tschu-rahdan, A 15564 Multi Ch. Bundessg. Österreich, VDH Rennchampion

 

Ich denke, dass ich diese kritischen Anmerkungen äußern darf, lange genug bin ich in der Szene und beobachte die Veränderungen unseres Lebensraumes und der Lebensumstände. Für die, die mich nicht kennen: mit Barsois aufgewachsen beeindruckte mich als junges Mädchen ein AFGHANE. Ab da stand fest, wenn ich mal erwachsen bin und alles passt, muss es die Rasse Afghane sein.

 

So ist es geblieben. Seit Anfang der 60er Jahre Afghanenbesitzerin, erst einer, dann zwei, später ein dritter – über die Rennbahn (WRSV Solitude, Jochen Rode – den „Alten“ bekannt) zum DWZRV gekommen. Nach 7 Jahren Aktivität im Renn- und Ausstellungsbereich – der 1. UICL-Champion für Schönheit und Leistung der Rasse Afghanischer Windhund war in meinem Besitz, „Gypsi Pachacumac“ – ermunterte man mich zum Züchten.

Fennek el Di-tschu-rahdan, A 18065 B.: Fam. Becker

Lange hatte ich dazu gebraucht – so gründete ich 1967 die Afghanenzuchtstätte „el Di-tschu-rahdan“.

Erfolgreich mit alten deutschen und vdOM-Linien, setzte ich schon bald englisch geführte – später amerikanische Blutlinien ein. Bis zum heutigen Tag.

Dies brachte mir nicht nur Afghanen in allen Farben mit bestem Wesen und Haarkleid, sondern auch mit ausgeprägter Rennbegeisterung und korrekter Anatomie.

Inzwischen plane ich seit Jahren nur einen Wurf pro Jahr – als Züchter bin ich sicherlich ein „Auslaufmodell“.

Nach über einem Jahrzehnt erfolgreicher Zucht überredete mich ein inzwischen verstorbener Richterkollege, eine Richterausbildung zu beginnen – die Voraussetzungen waren längst erfüllt. 1981 wurde ich zum Spezialrichter für Afghanen ernannt und erweiterte die Lizenz später auf die Rasse Barsoi.

27 Jahre im Vorstand des WRSV „Solitude“ tätig (Rennleiter, Pressewart, 1. Vorsitzende – heute Ehrenmitglied) bin ich noch heute als Funktionär eingesetzt – Schiedsgericht/Moderator. Für den 

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